Wahre Preise
für deutsche Landwirte
Die Kampagne von Penny Wie teuer Lebensmittel eigentlich sein müssten
wird in den Medien kontrovers diskutiert. Sie ist aber auch eine gute Gelegenheit, auf die wahren Leistungen der deutschen Landwirte aufmerksam zu machen. Landwirte erzeugen neben wertvollen Lebensmitteln zahlreiche Gemeinwohlleistungen. Das zeigt ein Pilotprojekt der Regionalwert Leistungen für 40 niedersächsische Betriebe. Im Projektbericht ist die Rede von 150.000 Euro je Betrieb.
Eine wissenschaftliche Einordnung der Aktion und der Reaktion darauf nimmt Wirtschaftsethiker Dominik Enste, Professor an der Universität Köln und Leiter des Clusters Verhaltensökonomik und Wirtschaftsethik beim IW, im Interview mit Christoph Kapalschinski für "Die Welt" vor. Meinungen und Interessen der breiten Mehrheit aus dem Blick zu verlieren, wenn man auf einem Massenmarkt unterwegs ist, kann problematisch sein. Und man muss zu einer Botschaft auch dauerhaft stehen können,
glaubt Enste. Vor dem Hintergrund der angekündigten Preissenkung für Butter durch Discounter ist dieser Hinweis berechtigt. Bei deutschen Milcherzeugern muss eine derartige Aktion auf Skepsis stoßen. Die ganze Glaubwürdigkeit der guten Aktion leidet. Die Einkäufer der Discounter haben es in der Hand, den deutschen Landwirten kostendeckende Preise zu zahlen. Allerdings stammen nicht alle Aktionsprodukte aus Deutschland. Zu den Lieferanten zählen auch Bioprodukte aus Österreich.
Wahre Kosten
für ökologisch erzeugte Lebensmittel über denen konventionell erzeugter Produkte
Prof. Breunig, Agrarökonom an der Universität Triesdorf, macht in seinem Twitteraccount auf einen anderen Zusammenhang aufmerksam. Lt. der Studienberechnung liegen die wahren Kosten
der ökologischen Varianten bei 19 von 21 Lebensmitteln über denen der konventionellen Produkte. Er glaubt daher, dass bei Berücksichtigung aller externen Umwelt- und Klimakosten die meisten konventionellen Lebensmittel günstiger als die ökologischen seien. Er fragt außerdem, ob die Klimawirkung des höheren Flächenbedarf des Ökolandbaus überhaupt voll berücksichtigt wurde. Er hinterfragt die Sinnhaftigkeit des True Cost Accounting-Ansatzes u.a. für den Ökolandbau, weil viele vorteilhafte Leistungen des Ökolandbaus womöglich nicht korrekt bewertet würden, z.B.: Förderung von Anbauinnovationen; Förderung einzelner Arten, die extensive Bewirtschaftung brauchen; weitgehende Vermeidung von Nähr- und Wirkstoffeinträgen in die Unwelt; Fokus auf handwerkliche Qualität und Genuß; Nutzung seltener genetischer Ressourcen; Unabhängigkeit des Betriebs von externen Inputs usw..
Der Agraröknomom erinnert daran, dass Ökoprodukte aktuell bereits mit ca. 300 €/ha politisch unterstützt werden, was z.B. bei Getreide ca. 0,06 €/kg ausmacht und den Marktpreis für Ökoprodukte entsprechend drückt. Prof. Harald von Witzke glaubt, dass die positive Bewertung des Ökolandbaus auf einer falschen Methode
beruhe.Allein die Klimakosten je Prozent Ertragsminderung beliefen sich auf 250 Euro/ha,
rechnet Witzke vor.
Interessant sind auch die Reaktionen auf den Tweet des Triesdorfer Agrarökonomen. So wird u.a. eine fehlende Umweltkostenkalkulation für den Einsatz von Pflanzenschutzmittel in der zitierten Studie (Michalke et. al., siehe Link) im Ökolandbau hinterfragt.